Alt St. Martinus auf dem Friedhof war bis 1904 die Stommelner Pfarrkirche. Mehr als tausend Jahre Ortsgeschichte sind an ihr ablesbar. Ihre Lage auf dem „Kirch-Hof“ erinnert an die jahrhundertealte Tradition, die Toten um die Kirche herum zu beerdigen – bis Napoleons Reformdekret von 1804 verlangte, die Bestattungsplätze nach außerhalb der Wohnbereiche zu verlegen. Bei den meisten Kirchen verschwanden daraufhin die historischen Kirchhöfe, weil aber in Stommeln Kirchhof und Kirche am Rande des Ortes lagen, blieb hier historische Topographie erhalten. Allerdings musste der Friedhof mehrfach erweitert werden. Die heutigen Kirchhofsmauern, die hoch führende Rampe und die steinerne Treppe entstanden im Zuge einer Friedhofsweiterung 1870/71.
Kirche und Friedhof liegen malerisch auf einem vorragenden Sporn der Rhein-Mittelterrasse, der ursprünglich wie ein schmaler Rücken zwischen Kirchtal und Ingendorfer Tal allmählich bis zum Berlich und zur Escher Straße in die Niederterrasse abfiel. Erst mit dem Bau der Eisenbahn 1897–99 wurde er durch den Aushub der Bahntrasse durchbrochen. Die historische Keimzelle des Ortes wurde dadurch erheblich verändert.
Die Lage außerhalb des bäuerlichen Siedlungskerns gibt einen ersten Hinweis auf die Geschichte der Kirche. Sie entstand nicht als das gemeinsame Bauwerk einer bestehenden christlichen Gemeinde, sondern wurde von einem fränkischen Adligen gegründet, dessen Hof auf dem genannten Terrassensporn lag, etwa dort, wo sich seit 1899 der Bahnhof befindet. Der fränkische Adel war bereits Ende des 5. Jahrhunderts mit dem Frankenkönig Chlodwig zum Katholizismus konvertiert, während die fränkischen Bauern zunächst noch der arianischen Glaubensrichtung anhingen.
Fränkische Eigenkirche
Die Entstehung der alten Martinuskirche in Stommeln mag wie folgt verlaufen sein: Ein katholischer fränkischer Adliger baute vermutlich bereits im 7. Jahrhundert für seine Familie und sein Hofgesinde eine kleine Fachwerkkirche, die er dem heiligen Martin weihte, dem Schutzheiligen der fränkischen Merowingerkönige. Für die Feier des Messopfers und die Spendung der Sakramente stellte er einen Geistlichen ein, der für seinen Unterhalt in der Nachbarschaft des Herrenhofes eine kleine Hofstelle als Pfründe erhielt. An dieser Stelle befindet sich heute das Pfarrhaus. Mit der Annahme des katholischen Glaubens durch die ortsansässige Bevölkerung entwickelte sich die kleine Eigenkirche mehr und mehr zur Pfarrkirche einer Gemeinde. Im 10. Jahrhundert wurde der Fachwerkbau durch einen steinernen ersetzt.
In einer Urkunde vom Weihnachtstag des Jahres 962 wird diese Stommelner Martinuskirche erstmals in einer Urkunde erwähnt. Darin schenkte der Kölner Erzbischof Bruno I., jüngster Bruder Kaiser Ottos I., dem adligen Kölner Damenstift St. Cäcilien den Herrenhof in Stommeln mit 46 Hufen, die Kirche mit ihrem gesamten Zehnten, mit Hörigen, Wäldern, Weiden und allem Zubehör. Damit wurde die Äbtissin von St. Cäcilien Grundherrin in Stommeln, die hinfort auch das Recht besaß, bei Vakanz einen neuen Stommelner Pfarrer vorzuschlagen.